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Archiv: Aktuelle Rechtsprechung, relevante nationale und europäische Gerichtsurteile

Datenschutzrecht: BAG-Urteil zum Umgang mit Mitarbeiterdaten

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann Mitarbeitern ein Schadenersatzanspruch nach der DSGVO gegenüber ihrem Arbeitgeber zustehen, falls dieser ihre personenbezogenen Daten betriebsintern an eine Konzerngesellschaft weiterleitet und dies nicht erforderlich sei. Der immaterielle Schaden beruhe auf dem Kontrollverlust über die Daten (BAG, Urt. v. 8. Mai 2025 – 8 AZR 209/21).

Handelsrecht: BGH-Entscheidung zur Haftung von Unterfrachtführern

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Klage eines Frachtgut-Empfängers statt auf Schadensersatz gegen einen Unterfrachtführer wegen Verlust des Transportguts. Der Unterfrachtführer könne nach § 421 HGB vom Empfänger unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn er diesem vertraglich die Ware selbst ausliefern sollte (BGH, Urt. v. 24. April 2025 - I ZR 103/24).

EuGH: Entscheidung zur Produkthaftung von Lieferanten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 19. Dezember 2024 im Rahmen einer Vorabentscheidung (Az.: C-157/23), dass ein Lieferant als Hersteller angesehen und als „Quasi-Hersteller“ für Produktfehler haften könne, falls Übereinstimmung besteht zwischen seinem Erkennungszeichen und dem Namen oder dem Erkennungszeichen des Herstellers, das auf dem Produkt angebracht sei. Unerheblich wäre, ob der Lieferant das Erkennungszeichen selbst physisch am Produkt anbringe.

EuGH-Urteil: Harmonisierte EU-Normen müssen frei zugänglich sein

Durch Urteil vom 5. März 2024 - C-588/21 P - entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass solche Normen frei zugänglich sein müssen, die Teil des Unionsrechts seien, wenn sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlich wären und daran ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehen würde. Dazu können auch harmonisierte Normen wie EN-Normen zählen, die Konformitätsregelungen für Produkte vorsehen.

EuGH-Urteil zum Verbot von Kunststoffprodukten

Der EuGH entschied am 31. Januar 2024 durch Urteil (Az.: T-745/20), dass das Verbot des Inverkehrbringens von Kunststoffen aufgrund einer Richtlinie auch dann rechtmäßig sei, falls biologisch abbaubare Kunststoffe davon erfasst würden. Die Richtlinie würde dem Schutz der Umwelt dienen, was auf derlei Kunststoffe nicht zuträfe. So seien sie von anderen Kunststoffen nicht trennbar und würden sich somit kaum zum Recycling eignen, zudem wären sie nicht kompostierbar.

BAG-Urteil zum Pensum der Arbeit auf Abruf

Durch Urteil vom 18. Oktober 2023 - 5 AZR 22/23 - entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass in Fällen, in denen sich die Beteiligten eines Arbeitsverhältnisses zwar über eine Arbeit auf Abruf einigen, dabei aber das Pensum der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festlegen, eine durchschnittliche Arbeitszeit von 20 Stunden gelten soll. Grundlage dafür sei § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).

Datenschutzrecht: Nicht jeder Verstoß gegen die DSGVO löst Schadenersatzansprüche aus

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 4. Mai 2023 (-C-300/21-), dass ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für sich allein nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Vielmehr hängt dies von mehreren Voraussetzungen ab. So ist ein Schaden erforderlich, der auf dem Verstoß beruhen muss. Der Ersatzanspruch wegen eines immateriellen Schadens setzt zudem keine Erheblichkeit voraus.

Arbeitsrecht: Nachtarbeitszuschläge können unterschiedliche Höhe aufweisen

Mit Urteil vom 23. Februar 2023 (-10 AZR 332/20-) entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass eine Tarifvertragsregelung zulässig sein kann, wonach Mitarbeiter für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge erhalten als für regelmäßige Nachtarbeit, sofern der Tarifvertrag für derlei Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund aufführt. Es genügt etwa, wenn Beschäftigte damit einen Ausgleich für den Nachteil ihrer erschwerten Arbeitsplanung erhalten.

Arbeitsrecht: Verjährung von Urlaubsansprüchen hängt von Mitwirkung der Arbeitgeber ab

Infolge einer Vorabentscheidung des EuGH vom 22. September 2022 (-C-120/21-) entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) durch Urteil vom 20. Dezember 2022 (-9 AZR 266/20-), dass der Verfall bzw. die Verjährung eines Urlaubsanspruchs nur dann eintritt, wenn Arbeitgeber ihre Mitwirkungsobliegenheiten erfüllen und Arbeitnehmer zuvor auffordern, den Urlaub zu nehmen und sie darauf hinweisen, dass er sonst verfällt. Ansonsten beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen.

Compliance: Geschäftsführer haften für eine fehlerhafte interne Unternehmensorganisation

Das Oberlandesgericht Nürnberg urteilte am 30. März 2022 (-12 U 1520/19-), dass Geschäftsführer für Schäden des Betriebs haften, wenn sie kein Compliance-Management-System einrichten und schädigende Handlungen von Mitarbeitern nicht bemerken, weil sie weder Kontrollmaßnahmen vorgenommen noch Überwachungssysteme errichtet haben. Sie müssen vor allem das 4-Augen-Prinzip bei Vorgängen anwenden, die das Risiko erheblicher finanzieller Schäden bergen.

BGH-Urteil vom 17.03.2022: Kein Ausgleich für Betriebsschließungen während der COVID-19-Pandemie

Mit Urteil vom 17. März 2022 (III ZR 79/21) lehnte der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage auf staatliche Hilfeleistungen für Unternehmen, die infolge der Corona-Pandemie Wirtschaftsverluste durch Betriebsschließungen erlitten, ab. Nach Ansicht des Gerichts werde eine solche Entschädigung insbesondere nicht von der Staatshaftung umfasst. Stattdessen folge aus dem Sozialstaatsprinzip, dass die Gemeinschaft solche Belastungen zu tragen habe, wobei die Ausgestaltung eines innerstaatlichen Ausgleichs durch den Gesetzgeber geregelt werden müsse, etwa durch Hilfsprogramme, damit Betroffene konkrete Ansprüche daraus herleiten könnten.

Arbeitsrecht: BAG-Urteil vom 24.02.2022 zur Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 24. Februar 2022 (6 AZR 333/21) durch Urteil entschieden, dass das Gebot der fairen Verhandlung im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Aufhebungsvereinbarung nicht verletzt sei, auch wenn für die Annahme des Angebotes seitens des Arbeitgebers keine Bedenkzeit eingeräumt wurde. Die Beurteilung, ob ein Verstoß vorliege und der Aufhebungsvertrag ggf. unwirksam sei, hänge vielmehr von der konkreten Situation sowie den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.

Urteil des BAG im Arbeitsrecht: Keine Entgeltzahlungspflicht während des Lockdowns

Mit Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21 - entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass Arbeitnehmern kein Anspruch auf Arbeitsentgelt zusteht, sofern der Betrieb durch eine behördliche Anordnung schließen musste, die aufgrund der Covid-19-Pandemie erging. Denn im Falle des staatlichen Eingriffs zur Bekämpfung der Pandemie habe sich insbesondere nicht ein Risiko verwirklicht, das im Betrieb angelegt sei, womit keine Zahlungspflicht des Arbeitgebers bestehe.

Arbeitsrecht: Zur Unwirksamkeit von arbeitsvertraglichen Verfallklauseln

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied mit Urteil vom 9. März 2021 - 9 AZR 323/20, dass eine arbeitsvertragliche Klausel, die zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine Verfallfrist vorsieht, unwirksam sei, falls sie Ansprüche aus Haftung wegen vorsätzlicher Handlung ausschließen würde. Sofern es sich bei der Klausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, trete anstelle der unteilbaren Klausel dann die gesetzliche Regelung.

Arbeitsrecht: Urteil des BAG vom 1.12.2020: Crowdworking-Beschäftigung kann Arbeitsverhältnis darstellen

Mit Urteil vom 1. Dezember 2020 - 9 AZR 102/20 - stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) fest, dass Beschäftigte, welche Kleinstaufträge über Online-Plattformen als Nutzer (Crowdworker) erhalten, unter Umständen nicht freie Mitarbeiter, sondern als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind (PM BAG Nr.43/20). In dem zu entscheidenden Fall sprach gegen eine freie Mitarbeit, dass der Auftragnehmer durch die von der Auftraggeberin gesteuerten und von ihm kontinuierlich übernommenen Tätigkeiten keine freie Entscheidung mehr über den Ort, Inhalt und Zeit treffen konnte.

Datenschutzrecht: EuGH erklärt durch Urteil vom 16. Juli 2020 das EU-US-Datenschutzschild für ungültig.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied durch Urteil vom 16. Juli 2020 (C-311/18), dass der Privacy-Shield Beschluss 2016/1250 ungültig sei. Das Datenschutzabkommen erlaube es den Behörden in den USA als Drittland, auf personenbezogene Daten von Unionsbürgern, deren Übermittlung dorthin zur Datenverarbeitung erfolge, in einem Umfang zuzugreifen, welcher das nach Europarecht geforderte begrenzte Maß überstiegen würde, und verletze daher den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zudem fehlten notwendige Garantien des Rechtschutzes für betroffene Personen aus der Europäischen Union. Wirksam sei jedoch der Beschluss 2010/87 über Standardvertragsklauseln, da dieser Mechanismen enthielte, wonach das nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorausgesetzte Datenschutzniveau in der Praxis gewährleistet werde.

Arbeitsrechtliches EuGH-Urteil vom 19. März 2020: Rechtliche Grenzen der wiederholten Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied durch Urteil vom 19. März 2020 (C-108/18), dass ein befristetes Arbeitsverhältnis durch ununterbrochene implizierte Verlängerungen ein „aufeinanderfolgendes befristetes Arbeitsverhältnis“ im Sinne der europäischen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge darstellen kann und Arbeitgeber auch bei Zustimmung des Arbeitnehmers zur Verlängerung missbräuchlich handeln können. Mehr dazu hier.

Anmerkung zum Urteil des BAG vom 27. Februar 2020: Zu den rechtlichen Voraussetzungen der Anzeige von Massenentlassungen

In seinem Urteil vom 27. Februar 2020 nahm das Bundesarbeitsgericht (BAG) Stellung zu den rechtlichen Pflichtangaben von Massenentlassungsanzeigen. Zur Wirksamkeit der Kündigung von Arbeitnehmern müssen Arbeitgeber insbesondere auf Vollständigkeit solcher Informationen zu achten, die das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für die Anzeigepflicht für Massenentlassungen zwingend vorsieht, wobei der Begriff des Betriebs unionsrechtlich auszulegen ist (8 AZR 215/19). Mehr dazu hier

Urteil zum Produktrecht: EuGH konkretisiert die Pflicht von Fahrzeugherstellern zur Bereitstellung von Produktinformationen gegenüber freien Händlern

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied durch Urteil vom 19. September 2019 – C-527/18 - unter anderem, dass Automobilhersteller unabhängigen Marktteilnehmern den Zugriff auf Produktdatenbanken mit Wartungs- und Reparaturinformationen für Fahrzeuge nicht in elektronisch weiterzuverarbeitender Form gewähren müssen. Mehr dazu hier

Urteil zur Produkthaftung: Hersteller haftet wegen hohem Versagenspotential einer Produktserie von Hüftprothesen

In mehreren Urteilen vom 2. August 2019 – 1 O 460/11, 1 O 223/12, 1 O 266/12 - entschied das Landgericht (LG) Freiburg, dass Hüftprothesen-Implantate unter anderem dann einen Produktfehler aufweisen, wenn sie zu einer Produktserie gehören, die bauartbedingt fehlerhaft ist und damit ein erhöhtes Ausfallrisiko besitzt, ohne, dass es auf den Nachweis der konkreten Fehlerhaftigkeit jedes einzelnen Implantats der Serie ankommt. Mehr dazu hier

EuGH-Urteil zum Datenschutzrecht: Voraussetzungen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung

Mit Urteil vom 29. Juli 2019 – C-40/17 – entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter anderem, dass der Betreiber einer Website durch Einbindung von Plugin-Buttons, die personenbezoge Daten von Nutzern der Website erheben und an den Anbieter des Plugins übermitteln, mit diesem gegebenenfalls als gemeinsam Verantwortlicher für die Datenverarbeitung angesehen werden könnte. Mehr dazu hier

BGH-Urteil zum Kaufrecht: Auslegung des Begriffs der vertraglich vorgesehenen Verwendung einer Kaufsache zur Bestimmung eines Sachmangels

Mit Urteil vom 20. März 2019 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass es für die Frage, ob ein gekauftes Produkt der vertraglich vorgesehenen Verwendung entspricht oder einen Mangel aufweist, nicht auf die Vorstellungen des Käufers ankommt, sondern auf die Eignung der Ware für den Nutzungszweck, der dem Kaufvertrag zugrunde liegt (VIII ZR 213/18). Mehr dazu hier

EuGH: Urteil zur Zulässigkeit der Verwendung von Testsiegeln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 11. April 2019 (C-690/17), dass das Anbringen eines markenrechtlich geschützten Test-Labels auf Produkten durch Hersteller unter bestimmten Voraussetzungen ausschließliche Schutzrechte des Testanbieters verletzen und daher unzulässig sein könnte. Mehr dazu hier

Bei Bedarf steht Ihnen die Kanzlei gerne für Fragen und weitere Erläuterungen zur Verfügung.
Bitte beachten Sie, dass die hier dargestellten Informationen und Inhalte der rechtlichen Beiträge und Anmerkungen von beispielhafter Art sind und damit weder vollständig noch abschließend die geltende Rechtslage darstellen können. Insbesondere ersetzen die rechtlichen Ausführungen nicht die Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin im Einzelfall und sind im Hinblick auf ihre Anwendung auf einen konkreten Fall wohl rechtlich zu überprüfen und gegebenenfalls individuell anzupassen.